Mittwoch, 25. Mai 2016

Die Räumung beginnt

In den letzten Tagen überschlugen sich die Ereignisse in Idomeni.
Von den Voluntären vor Ort bekamen wir mit, dass es viele Unruhen und Auseinandersetzungen zwischen Polizei und Flüchtlingen gab. Organisationen und Einzelpersonen bekamen immer größere Probleme die Leute im Camp mit Lebensmitteln zu versorgen.
Am Freitag wurde auch das "Team Bananas" das erste Mal von der Polizei abgehalten, ihre Bananen an die Kinder zu verteilen.
Mir fällt es schwer, in diesem Kontext von gutem Timing zu reden, aber wären wir eine Woche später nach Idomeni gereist, hätten wir bereits einen ganz anderen und wohl noch viel unmenschlicheren Ort kennengelernt.




Nochmal zur Erklärung: Das Camp in Idomeni auf den Schienen und rund um den Bahnhof, das EKO-Camp, das sich um eine gleichnamige Tankstelle gebildet hat und schließlich das Camp um Hotel Hara (es gibt noch weitere, aber das sind die Camps, in denen wir uns aufgehalten haben) sind illegale Camps und von der Regierung unerwünscht.
Die Behörden fordern, dass sich alle Menschen in offizielle Camps begeben - das paradoxe nur:
Es gab bis dato in diesen offiziellen "Army-Camps" gar nicht genug Platz.
Neue Camps werden wohl gerade aufgebaut und es war auch immer die Rede davon, dass die Regierung die inoffiziellen Camps bis spätestens Ende Mai räumen will.




Entlang der Schienen in Idomeni


Um verstehen zu können, warum die Menschen sich weiterhin den extremen Bedingungen in den inoffiziellen Camps aussetzen, muss man vielleicht die generelle Situation darstellen, in der sie sich in Griechenland befinden.

Immer wieder fragten uns die Leute "Habt ihr neue Informationen für uns?", "Wann wird die Grenze wieder geöffnet?" und "Was hat Deutschland vor?". Die Menschen können ihre Lage kaum begreifen und klammern sich an einen letzten Strohhalm und an die Hoffnung, dass sie, wie so viele Geflüchtete vor ihnen, über die Balkanroute nach Deutschland, Skandinavien oder England gelangen können.





Ein Zelt im Camp Idomeni



Uns blieb nichts anderes übrig, als immer wieder zu erklären, dass die Grenze zu Mazedonien wohl nicht wieder geöffnet wird und dass es besser für sie sei, sich in den offiziellen Camps registrieren zu lassen.
"Aber wir wollen nicht in Griechenland bleiben! Hier haben die Leute selber so viele Probleme!" oder "Ich muss doch zu meinen Kindern/zu meinem Mann/ zu meiner Frau!" waren meist die Antworten.
Was kann man da schon entgegnen?








Laut dem sogenannten Dublin-Abkommen müssen Geflüchtete in dem Land in Europa Asyl beantragen, das sie als erstes betreten und in dem sie sich haben registrieren lassen.









         


Schaut man sich die Krisen- und Kriegsgebiete in Europas Nähe an, braucht es kein Geographiestudium um zu erkennen, welche Region Europas Geflüchtete zwangsweise mindestens passieren müssen. Da haben Europas Politiker sich einen ganz besonders sinnvollen und fairen Paragraphen ausgedacht!   




Der kleine Junge verfolgte Daniel so lange bis er schließlich..

...den im Auto entdeckten Ball bekam :-)


Ein Junge wollte gerne mit unserer Kamera ein Foto von uns machen :-)

















Aber zurück zur aktuellen Lage an der mazedonischen Grenze.
Gestern begann die griechische Polizei mit der Räumung des Lagers unmittelbar am Bahnhof der Kleinstadt Idomeni. Wir konnten den Chat der Voluntäre verfolgen. Einen Tag zuvor wurden alle Voluntäre verhaftet, die sich trotz Verbot noch ins Camp gewagt hatten. Auch Journalisten wurde der Zutritt untersagt. Einige Voluntäre versteckten sich jedoch bei Familien in den Zelten und konnten von der Vorgehensweise berichten.
Glücklicherweise ist meiner Erkenntnis nach bisher alles ruhig geblieben. Viele Busse mit Geflüchteten verließen bereits das Camp.

An dieser Stelle möchten wir uns auch nochmal ausdrücklich bei den ganzen lieben Menschen bedanken, die für die Kinder in den Camps gespendet haben. Vielen Dank vor allem auch an Schlesier Moden, Akustik Engels, an Trachtenmode-Ahaus, Online Netcom und Büning`s Grüne Schoppe, die so fleißig Püppchen verkauft und damit zu der unglaublichen Spendensumme beigetragen haben. Zwar werden Idomeni und Co bald geräumt sein, aber die Projekte, die wir vor Ort mit den Spendengeldern unterstützt haben, werden allesamt in der Zukunft auf die eine oder andere Weise weiterarbeiten. Viele von ihnen werden versuchen, den Kindern das Leben in den "Army-Camps" erträglicher zu machen.


Mittwoch, 18. Mai 2016

Abschottung hautnah



Auch heute versuchten wir wieder ein Blick in das Camp Moria zu werfen. Wir setzten uns an eine Imbissbude vorm Eingang, tranken eine Cola und beobachteten das ganze Geschehen und warteten auf eine Gelegenheit. Alleine waren wir nie - auch die Leute, die das Camp offiziell verlassen dürfen, haben wirklich Redebedarf. Man hört die unterschiedlichsten Geschichten und Hintergründe - eine schlimmer und tragischer als die andere.



Ein Satz, der jedoch immer wieder fällt: "Moria Camp is like a prison".
Ein junger Mann bat uns um Hilfe - sein Handy hatte Probleme mit dem Internet. Wir setzten uns mit ihm hin und versuchten alles zum Laufen zu bringen.
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Dies blieb wohl nicht unbemerkt und ein Soldat setzte sich zu uns an den Tisch. Er erkundigte sich nach unserer Herkunft und wollte wissen, womit wir uns denn da grad beschäftigten. Später erklärten uns Bewohner des Camps, dass Polizei und Armee beständig zu verhindern suchen, dass Viedeos und Fotos aus dem Inneren des Camps an Dritte gelangen (vor allem wohl nicht an Journalisten etc.)






Außerdem lernten wir heute eine junge Frau kennen, die sich bereits seit 8 Monaten rund um die Uhr für die Geflüchteten auf Lesbos engagiert. Sie startete zunächst als unabhängige Freiwillige, schloss sich aber dann, als allen Unabhängigen der Zutritt in Moria verweigert wurde, einer Organisation an.






Im Wesentlichen scheint sie aber weiterhin ihr "eigenes Ding" durchzuziehen. Sie mietete Lagerräume in der Nähe Morias an und zusammen mit wenigen anderen Freiwilligen ist sie Tag und Nacht im Einsatz, um jegliche Dinge, die gerade im Camp benötigt werden, zu besorgen und bereitzustellen.






Ein weiteres ihrer Anliegen ist momentan, dass wenigstens ein paar wenige Sitzgelegenheiten, Schattenplätze und Spielgeräte im Camp aufgestellt werden können.

Was in Hinblick auf Behörden, Polizei und Armee eigentlich unmöglich ist, scheint ihr mit ihrem Netzwerk und Fingerspitzengefühl zu gelingen. Daniel und ich besuchten ihre Lagerräume und unterhielten uns lange mit einem jungen Mann aus Deutschland, der momentan Tag ein Tag aus mit der Sortierung und Bereitstellung der gesammelten Klamotten beschäftigt ist.



Trotz des beträchtlichen Bestandes, fehlt es (um nur einige Beispiele zu nennen) an Unterwäsche, Sonnenmilch, Kopfbedeckungen und Spielmaterial für Kinder usw.




Für uns stand relativ schnell fest, dass wir die Spendengelder, die wir bisher noch nicht in und um Idomeni ausgegeben hatten, gerne der Feli und ihrem Team zur Verfügung stellen möchten. Sie freuten sich riesig und versprachen uns bald von den angeschafften Dingen Fotos zu schicken!



Hier ein paar selbst gebaute Bänke.
Bisher dienten meist Paletten als Basis für eine Tischtennisplatte, Bänke etc. 



Schließlich gaben sie uns noch den Tip, dass es durch einen Olivenbaumwald eventuell einen mehr oder weniger offiziellen Weg geben könnte, doch noch einen Blick in das Innere des Camps zu werfen ;-).








Wir sollten uns doch zuvor lange Klamotten anziehen, um uns gegen Stacheldraht zu wappnen.


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Dienstag, 17. Mai 2016

Eine andere Europäische Grenze


Nun hatten wir uns also mit einem wirklich schlechten Gefühl von den Leuten in und um Idomeni verabschiedet, um uns eine andere Grenzregion, bzw. die Situation der Geflüchteten an jener, genauer anzusehen. Auf der griechischen Insel Lesbos strandeten in den letzten Monaten (stranden hier im wahrsten Sinne des Wortes!) zigtausende Flüchtlinge, die sich vom nahen tükischen Festland (auf dem Bild links und unten sieht man dies am Horizont) oft in kleinen Schlauchbooten über das Meer aufmachten.




Dem Abkommen mit der Türkei "sei Dank", um es ganz sarkastisch auszudrücken, schaffen es heute jedoch nur noch ganz wenige über diese Route in die EU.
Dennoch befinden sich auf Lesbos noch tausende Flüchtlinge (unfreiwillig) und hoffen darauf, dass es für sie in naher Zukunft weitergeht und sie z.B. zu ihren Familien in andere EU-Ländern reisen dürfen.









Mit kurzem Umsteigestopp in Athen flogen wir gestern von Thessaloniki nach Mytilini auf Lesbos (ich meine ich hätte irgendwo gelesen, dass es die drittgrößte Insel Griechenlands sei!?). Dort nahmen wir uns ersteinmal wieder ein kleines Mietauto - in den letzten Tagen hatte es sich wirklich als quasi unentbehrlich erwiesen..



Teil des Abkommens mit der Türkei ist wohl auch, dass alle Flüchtlinge, die nach dem 20. März 2016 hier angekommen sind, nicht wie (teilweise) zuvor nach der Registrierung von hier auf das griechische Festland weitergeleitet werden, sondern bis zur Entscheidung im Asylverfahren hier auf Lesbos bleiben müssen. Zu diesem Zweck wurde in der Nähe Mytilinis, in Moria, ein Camp errichtet, das zur Zeit nach Aussagen verschiedener Flüchtlinge 3000 - 4000 Menschen "beherbergt".

Die ganze Situation scheint hier wirklich schwierig und undurchsichtig zu sein. Gestern sprachen wir mit einem jungen Afghanen, der nach eigener Aussage am 19.3. abends auf Lesbos ankam und bei der Polizei am selbigen Abend um Registrierung bat. Leider geschah dies erst am 21., sodass er nun auf Lesbos bleiben muss. Heute unterhielten wir uns mit einer Gruppe Pakistaner, sie waren auf dem Weg von Mytilini zum Camp und wir schlossen uns ihnen an.


Dieser junge Mann kam bereits im Februar auf Lesbos an.


 Allerdings war es nur einem Teil der Gruppe tatsächlich erlaubt, das Camp zu verlassen (nach eigener Aussage aufgrund verschiedener Ausweise - diese zeigten sie uns auch. Doch da alles auf griechisch geschrieben war, konnten weder sie noch wir etwas damit anfangen), sodass einige Jungs sich im hinteren Bereich über einen Zaun hinauswagen müssen.






Uns war der Zutritt dementsprechend natürlich auch nicht erlaubt.

Sonntag, 15. Mai 2016

Bananen zum Abschied

Gestern, an unserem letzten Tag rund um die Grenzregion und Idomeni, starteten wir recht früh. Um 8 trafen wir uns bereits am Park Hotel, um mit dem "Team Banana" in Idomeni rund 40 Kisten Bananen zu verteilen.
Die Idee hinter dem Projekt ist, dass vor allem Kinder (in Idomeni beträgt deren Anteil mehr als 50%!!!), die im Wachstum so dringend benötigten Nährstoffe erhalten. Außerdem haben Bananen den Vorteil, dass man sie nicht abwaschen muss und auch dreckige (Kinder-)Hände kein Hindernis darstellen.
Stillende Mütter oder alte Menschen werden bei der Ausgabe natürlich auch nach Möglichkeit
berücksichtigt.






Zusammen mit zwei anderen Voluntären übernahmen Daniel und ich die "Old Train Station", die ein bisschen versteckt liegt und die wir so vorher auch noch gar nicht bemerkt hatten.
Die Kiddies freuten sich wahnsinnig über die Bananen!!!




























Nebenbei entdeckten wir beim Verteilen eine kleine "Schule",
in der Kinder gerade ein kleines Gemüsebeet angelegt
und sehr viel Spaß dabei hatten,
die Pflänzchen in Spe zu gießen.
















Die Atmosphäre in und rund um die Schule war so nett und fröhlich, dass wir uns spontan entschlossen, uns einmal mit den Zuständigen über das ganze Projekt zu unterhalten. Diese zeigten sich äußerst engagiert und sympathisch, außerdem haben sie auch noch einige Pläne für diesen Zufluchtsort für Kinder jeden Alters.
Man freute sich sehr über Papier und Buntstifte, die noch im Auto lagerten. Zudem entschieden wir uns, einen Teil der Spendengelder dem Projekt zu überlassen, innerhalb dessen bald Sonnensegel, Ventilatoren etc. anzuschaffen waren,
um diesen Platz ohne jeglichen Schatten ein wenig erträglicher zu gestalten.













Im Anschluss wurden wir  im Camp rund um das Hotel Hara mal wieder richtig lecker bekocht!

Der Abschied von den beiden, der Mutter und dem Bruder unserer Freunde in Deutschland, fiel uns besonders schwer. Wir wissen einfach nicht, was wir für die beiden tun können.

Freitag, 13. Mai 2016

Wir nehmen`s sportlich!

Gestern Abend waren wir wirklich absolut fertig und müde - wir haben wohl ganz vergessen zu erklären, was es mit den Bussen in Idomeni auf sich hat. Sowohl das Camp in Idomeni als auch das "EKO-Camp" und das Camp um das Hotel, das wir regelmäßig besuchen, sind illegale, unoffizielle und von der griechischen Regierung absolut ungewollte Camps. Die Reisebusse in Idomeni warten auf Menschen, die sich entscheiden in ein offizielles Camp zu gehen. Das die Camps und vor allem jegliche Maßnahmen, die das (Über-)Leben an der mazedonischen Grenze ermöglichen und/oder erträglicher machen, absolut verachtet werden, bekommen nicht zuletzt die Voluntäre und Helfer der Gegend zu spüren. Auch wir sind bisher fast jeden Tag in eine Polizeikontrolle geraten. Daniel hat das Ganze Spiel "Bullenbingo" getauft :-P...Wie ich finde sehr passend.




In der Region an der Grenze stehen beinahe an jeder Kreuzung Polizisten, die den ganzen Tag nichts anderes zu tun haben, als "zufällige, verdachtsunabhängige Kontrollen" durchzuführen. Diese beziehen sich somit zu 99,9 % auf Mietwagen und Vans mit Aufschriften humanitärer Organisationen.
Gestern Abend nahmen wir an einem Meeting der Voluntäre im sogenannten Headquartier, dem Park Hotel in Polykastro teil. Hier wurden zu "Spitzenzeiten" 29 Voluntäre an einem Tag gezählt, die von der Polizei vor Ort in Haft!!! genommen wurden. Für 5km/h zu viel auf dem Tacho kann es unter hiesigen Umständen auch mal eine saftige 900 Euro- Strafe geben!


Aber erstmal genug davon - wir der Titel es schon sagt: Wir nehmen`s sportlich! :-D





In diesem Sinne...zusammen mit anderen Jungs aus u.a. Münster :-) überlegten wir uns in Idomeni ein Volleyballfeld zu errichten, also besorgten wir ein Netz und ein paar Volleybälle.

Einen ließen wir heute Morgen direkt bei unserem ersten Besuch im EKO-Camp - dort hatten sie auch schon ein provisorisches Netz aufgestellt. Der passende Ball fehlte allerdings noch.





Die Volleyballaktion in Idomeni war ebenfalls ein voller Erfolg und machte super viel Spaß.
Dass wir das Feld ausgerechnet in der Mittagssonne aufbauen und ausprobieren mussten, war wohl nicht die bequemste Entscheidung. Sowas nennt man wohl Einsatz und SONNENBRAND :-D






































Die anschließende Abkühlung eine dementsprechende Wohltat...











Im EKO-Camp gibt es außerdem ein ganz tolles Mutter-Kind-Zelt, in dem Babies gebadet und versorgt werden können. Freiwillige Hebammen kümmern sich um kleinere und größere Anliegen. Wir würden dieses Projekt gerne unterstützen. In einem Gespräch mit den Zuständigen Voluntären wurde deutlich, dass Windeln, Babyshampoo etc. immer gebraucht werden. Also gingen wir heute Abend schonmal einkaufen.